Ich werde Künstlerin. [Mittelalttalent]

Ich lese „Meisterfloristin“ und „Jungtalent“. Oder „Floral Designer“. Und dann, dann ganz am Schluss, sehe ich diese schwarze Kiste. Sie fasziniert mich. Sie ist auch Kunst. Ich sehe schon meinen Namen. Auf einer Beschriftung für eine schwarze Kiste – oder so. Dann ein Komma. Und dann, „meisterliches Mittelalttalent“ (na ja, als Jungtalent geh‘ ich einfach nicht mehr durch, so ehrlich muss man mit sich selbst einfach auch mal sein). Aber ganz von vorne.

Kunst und Blumen, Blumen und Kunst gehören zusammen. So einfach ist das. Darum folgt jetzt eine kleine Fotoorgie. Von „Blumen für die Kunst“. Selbstverständlich mit den nötigen Erklärungen. Falls es nicht so gut erkennbar ist. Was der Künstler wollte. Oder die Künstlerin. Ja, das ist ganz ohne Zynismus zu verstehen. Jedenfalls fast.

Zu diesem Gemälde lese ich also, dass sich der Künstler (Leo Leuppi) im Laufe der 1950er Jahre in die Themen des Zufalls und der Transformation in seinem künstlerischen Schaffen vertiefte. Man könnte also später über mich schreiben, dass ich mich Ende der 2010er Jahre wie zufällig der Kunst zuwandte und mich in eine Künstlerin transformierte.

Farblich schön abgestimmt, mir aber irgendwie zu… ja was denn? Zu banal? Zu offensichtlich? Zu aalglatt?

Dieses wunderschöne, in weiss gehaltene, florale Objekt hat mich daran erinnert, dass ich schon lange Mal Papier auf der Nähmaschine vernähen wollte.

Hach, ich muss dringend meine Nähmaschine ausgraben und Papiere zusammennähen.

Leichtigkeit eines Blumenstrausses. Passend zum Frauenportrait von Cuno Amiet.

Floristik spielt mit Gemälde.

Das für mich schönste Gemälde der Ausstellung. Kein Foto wird diesen kräftigen Pinselstrichen und der Farbwahl gerecht. Geht nicht. Diese Grüntöne… herrlich!

Starkes Zusammenspiel. Trotzdem nicht wirklich meins.

In weissen, hohen Räumen. Nichts als ein Gemälde. Und Blumen. Und Schmetterlinge.

Und dann kommst du in diesen Raum und ein Raunen entwischt dir. Vor Überraschung. Das sieht nur aus der Ferne gut aus. Diese Blumen sind aus der Nähe betrachtet wirklich – ich kann’s nicht anders schreiben – furchtbar hässlich. Blau eingefärbt.

Und als ich dieses schwarze Gemälde, das passenderweise „Black Painting“ heisst aber nicht nur, sondern so (hey, der Name ist länger als meiner): „Black Painting VIII: Ultramarine Blue & Burnt Umber“, sah, da wusste ich: Das, das kann ich auch. Aber als ich das dachte, wusste ich ja das noch nicht: Das Werk wirkt nur auf den ersten Blick monochrom (einfarbig). Yep. Denn (!): Wir erkennen bei genauem Hinsehen viiieeeel mehr. Überlagerungen von Farben. Nuancen und Farbverläufe. Pinselstrich um Pinselstrich schafft der Künstler eine vibrierende Oberfläche. – Das opulente Stilleben passt aber bestens vor das bläcke Painting. Echt jetzt! Hat in echt wirklich sehr gut gewirkt.

Einer meiner Favoriten. Eine „monumentale“ Grafitzeichnung. Alles schwarz-weiss. Und wie ein Dschungel schweben diese Nester mit Blüten und Früchten in der Luft. Lianenähnliche Pflanzen hängen filigran aus dem Nest. Fast taste ich nach der Machete.

Bist du noch da? Bin bald durch. Und komme zum Wesentlichen. Wie ich gedenke, Ende der 2010er Jahre Künstlerin zu werden. Hier kommt zuerst aber noch die „Hemisphäre“. Mochte ich auch sehr.

Endlich. Da ist er. Der schwarze Kasten. Der mich restlos überzeugte. Ich kann auch. Künstlerin werden. Wie?

Ich muss einfach in ein altes Apothekerglas „brünzeln“. Die Jahreszahl notieren. Und ein paar andere Gegenstände und Missgeschickte kategorisieren. Und dann in einen schwarzen Kasten stellen. Und mit schönen Worten versehen. Du weisst nicht, was „brünzeln“ ist? (Weil du aus Papua Neuguinea zuklickst?). Schau. Unten. Aufs Bild.

mon urine (1962)
mein Urin (1962)

Alles klar?

Meisterliches Mittelalttalent stolziert zum Samstagsplausch von Andrea Karminrot und zum Wochenglück von Fräulein Ordnung.

PS. 
„Hasi?“
„Jaaaaa?“
„Wegen dem Urin.“
„Ja?“
„Willst du nicht lieber Urin in der Badewanne verquirlen? So in weissen Kleidern, mit einem Silberlöffelchen. Und dann teuer verkaufen?“
„Hä?“
„Na ja. Die Stelle des Oberhaupts von »Fiat Panda« wär‘ glaub ich frei.“
„Aaah sooo. Sind die Raumschiffe doch noch gekommen? – Und ausserdem, heisst’s »Fiat Lux«.“


6 Gedanken zu “Ich werde Künstlerin. [Mittelalttalent]

  1. Eine spannende Ausstellung und ich gebe zu, der schwarze Kasten hätte auch mich zum forschen nach meinem inneren Talent aufgefordert.
    Deine Bilder sind toll, danke fürs mitnehmen… du Mittelaltertalent 😉
    Liebe Grüße
    Ivonne

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  2. Ja heutzutage kann wirklich eigentlich jeder Künstler werden, Kunstfertigkeit braucht man jedenfalls kaum noch. Mit moderner Kunst habe ich so meine Schwierigkeiten, wenn es auch Objekte gibt, die mir gefallen.
    Ich wünsche Dir noch eine schöne Woche.

    Viele liebe Grüße
    Wolfgang

    Gefällt 1 Person

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