Der gestrige Abend in Les Avenières hat meine – zugegebenermassen – etwas verklärte Sicht auf Frankreich gerettet… und wie! Der „Table d’Hôtes“ hat so einige Klischees Frankreichs erfüllt. Mit am Tisch: Laurence und Pierre, die Gastgeber. Bruno (Brüno gesprochen), Yazid (wie Zinédine Zidane) und der Mann und ich. Die beiden Kinder – der 9-Jährige der Gastgeber und das bald 11-jährige Kind – essen „comme il faut en France“ vor den Erwachsenen. (Ich war tatsächlich vor über einem Vierteljahrhundert mal als „jeune-fille au-pair“ in Frankreich – und kann diese Lebensart nur bestätigen)
Laurence ist die stilechte Französin, die eine Nonchalance an den Tag legt, wie ich sie schon selten erlebt habe… verbunden mit einem Hauch von altem Adel und irgendwie auch… sphärisch. Pierre ist der „Jean-Paul Belmondo“-Verschnitt. Ein Lebemann, der lange in Paris gelebt hat, bis er – meine Interpretation der bekannten Fakten nach einem Abend – Laurence getroffen hat. Brüno, der Franzose, der seit langem in Amerika lebt (jetzt schon einige Jahre in San Francisco) und häufig geschäftlich in der Gegend ist. Yazid, der „Handelsreisende“, der in ganz Europa unterwegs ist und so manche lustige Begebenheit zu erzählen weiss. Eine illustre Runde. (Ein Glück sind wir keine von Agatha Christie „ins Leben gerufene Runde“… denn wer weiss, was da passiert wäre!) Der Aperitif wird im Salon zu schon dämmriger Stunde gereicht und man beginnt sich bei einem Glas Weisswein kennenzulernen.

Zwei Jungs und keiner spricht die Sprache des anderen haben sich trotzdem gefunden. Wozu Minecraft nicht gut sein kann! Das Kind jedenfalls kennt jetzt einige Tricks mehr.
Zu später Stunde gibt es ein wunderbares Essen für die Agatha-Christie-Runde. Nie hätte ich „lapin au sauce chocolat“ im Restaurant bestellt und doch schmeckt es sehr gut. (Na ja, mit Ausnahme der kleinen Nieren, die ich fälschlicherweise für Kaninchenfleisch halte… *schluck und schnell trink*)
Die „verklärte Sicht“ lässt sich noch schnell auflösen, jedenfalls schneller als ein Agatha Christie Krimi. Frankreich bröckelt. Wo wir durchfahren nagt der Zahn der Zeit, ohne dass er aufgehalten wird. Wäre ich „location scout“ und auf der Suche nach „lost places“, ich hätte schon zig zig zig verlassene Gebäude gefunden… . Die „Armut“ Frankreichs ist sehbar. Nicht nur an den Gebäuden, auch bei den Menschen.
Der Vormittag auf dem Fahrrad nach dem langen Abend am gemeinsamen Tisch war dann nicht mehr ganz so illuster… oder lustig. Zum Abschied wurden wir zwar richtiggehend „geherzt“, bisous hier und da, doch der weitere Verlauf war dann mehr Kategorie „Herzschmerz“. Per Fahrrad weiter weiter weiter – um festzustellen, dass die einzige Brücke weit und breit gesperrt war. Was mit dem Auto ein Klacks ist, ist mit dem Velo, hm, ganz anders. (Keine Kraftwörter!) Gefühlt haben wir den Morgen also damit verbracht, zurück zur letzten Brücke zu fahren (wo wir im übrigen schon mal waren, was die ganze „Chose“ umso ärgerlicher machte) und dort die Rhône zu überqueren. Auch diese nervige Schlaufe war dann mal zu Ende… .
Nun sind wir in der „Pampa“ von Frankreich angelangt. Eine Nacht, und dann geht’s auf nach Lyon.
Und das alles, nur mit einem Bild. Zu schwaches Wi-Fi.